Der grenzüberschreitende Wechsel der Rechtsform ist nach einer Entscheidung des EuGH, die nun durch einen Beschluss des OLG Nürnberg konkretisiert wurde, möglich. Dies war lange umstritten, da das deutsche Umwandlungsrecht dies nicht vorsieht. Einzelfragen bleiben in diesem Zusammenhang nach wie vor umstritten.
Voraussetzungen eines Formwechsels
Nach der Entscheidung des OLG Nürnberg lassen sich jedoch folgende Voraussetzungen für die Umwandlung einer ausländischen Gesellschaft in eine deutsche Gesellschaft festhalten:
1. Bei der Zielrechtsform in Deutschland muss es sich um eine vom deutschen Gesellschaftsrecht anerkannte Rechtsform nach § 191 Abs. 2 UmwG handeln. In der Praxis dürften hier vor allem GmbH und AG relevant sein.
2. Die umwandelnde Gesellschaft des ausländischen Rechts muss mit einer deutschen Rechtsform, die in § 191 Abs. 1 UmwG genannt ist, vergleichbar sein. In der Praxis betrifft das vor allem Kapitalgesellschaften. Anerkannt ist das z.B. für die englische Ltd., die französische s.a.r.l. und die spanische S.L. Als Orientierung kann insoweit Art. 1 der Publizitäts-RL 2009/101/EG herangezogen werden.
3. Der Umwandlungsbeschluss muss notariell beurkundet werden und auch den Wortlaut der Satzung wiedergeben. Grundsätzlich ist zusätzlich ein Umwandlungsbericht erforderlich. Insoweit gilt nichts anderes als für eine inländische Umwandlung.
4. Die Sachgründungsvorschriften sind bei Umwandlung in eine GmbH zu beachten (§ 197 UmwG). Es muss also ein Sachgründungsbericht erstellt werden. Grundsätzlich ist auch die Werthaltigkeit der Sacheinlage nachzuweisen. Das bilanzielle Reinvermögen muss dem Mindestkapital der Zielrechtsform (GmbH: € 25.000 / AG: € 50.000,-) entsprechen. Die Umwandlung in eine Unternehmergesellschaft (UG) ist nicht möglich.
5. Die ausländische Gesellschaft muss im dortigen Handelsregister gelöscht werden.
6. Die Gesellschaft muss wirtschaftliche Tätigkeit in Deutschland ausüben. Diese Voraussetzung ist umstritten. Hierzu hatte sich die Entscheidung des OLG Nürnberg nicht zu äußern, da diese Voraussetzung dort unproblematisch gegeben war.
7. Umstritten ist, ob das Recht des Wegzugsstaates den Formwechsel zulassen muss. Im Sinne der europarechtlich gewährten Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit dürfte es darauf nach zutreffender Auffassung nicht ankommen. Auch dies ist jedoch noch nicht geklärt.
8. Auf die Beteiligung der Arbeitnehmer an dem Vorgang ist das Recht des Wegzugsstaates anwendbar. Besondere Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer gibt es deshalb in Deutschland nicht.
Die Voraussetzungen des Formwechsels sind durch Vorlage der ausländischen Unterlagen nachzuweisen. Das deutsche Registergericht soll hier nur bei “offensichtlichen Zweifeln” zu einer Prüfung berechtigt sein.
Praktischer Anwendungsbereich
Der Formwechsel bietet für Gesellschaften den Vorteil, dass dadurch eine Gesamtrechtsnachfolge herbeigeführt wird. Im Gegensatz zu der auch bisher möglichen Verschmelzung löst der Formwechsel keine Grunderwerbsteuer aus. Steuerlich ist der Formwechsel grundsätzlich neutral. Zu einer Aufdeckung stiller Reserven kann es aber kommen, wenn ausländisches Vermögen durch den Vorgang der Besteuerung des ausländischen Staates entzogen wird. Dies bestimmt sich nach dem jeweiligen nationalen Steuerrecht.
In der Praxis ist der Formwechsel vor allem für in Deutschland tätige Limiteds von Interesse. Hier kann die Umwandlung in eine deutsche GmbH erreicht werden. Bei Limiteds, die über Grundbesitz verfügen, war von einer Verschmelzung wegen der Belastung mit Grunderwerbsteuer in der Vergangenheit abgesehen worden. Für diese Gesellschaften bietet sich nun ein Weg in die GmbH.
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